Neurodiversität - Wir feiern die Andersdenkenden

Was ist Neurodiversität?

Neurodiversität ist ein Begriff, der Unterschiede in der Gehirnfunktion, den Verhaltensmerkmalen, der Informationsverarbeitung und der Interaktion mit der Außenwelt beschreibt. Er wird – um einige Beispiele zu nennen – häufig für Personen mit Legasthenie, Dyspraxie, Dyskalkulie, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Tourette-Syndrom oder Autismus-Spektrum-Störung verwendet. Der Begriff "Neurodiversität" wurde u.a. als positive Beschreibung zur Identifikation und Würdigung der unterschiedlichen Denkweise neurodiverser Menschen geprägt. Die eine erfolgreiche Art und Weise zu fühlen, zu lernen oder zu denken gibt es eben nicht.

Strategien zur Unterstützung und Würdigung der Neurodiversität am Arbeitsplatz

In den letzten Jahren ist Arbeitgebenden zunehmend bewusst geworden, dass die Förderung von Vielfalt in der Belegschaft zu mehr Innovation, Produktivität, institutioneller Widerstandsfähigkeit, Engagement und Wohlbefinden der Mitarbeitenden führt. Trotzdem sind unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweisen oft auf die "neurotypische" Denkweise ausgerichtet, was neurodiversen Menschen Schwierigkeiten bereiten kann, sich zu entfalten und ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Arbeitgebende sollten sich dessen bewusst sein und bedenken, dass die Förderung neurodiverser Talente letztlich der gesamten Belegschaft zugutekommt.

Was können Arbeitgebende also tun, um die neurodynamische Vielfalt zu würdigen und zu unterstützen?

  • Reframe the narrative - ungeachtet der Herausforderungen im Umgang mit neurodiversen Menschen am Arbeitsplatz, gibt es zahlreiche Vorteile, die neurodiverse Mitarbeitende in ihr Team einbringen. So verfügen viele Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung beispielsweise über eine größere kreative Begabung, Befähigung zur Mustererkennung, außergewöhnliche mathematische Fähigkeiten und ein hohes Maß an Genauigkeit. Menschen mit ADHS oder Legasthenie sind möglicherweise besser in der Lage, über den Tellerrand zu schauen und können Probleme und Aufgaben aus einer anderen Perspektive betrachten. Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Mitarbeitenden daran zu erinnern und darauf aufmerksam zu machen, wie diese Unterschiede die Belegschaft stärken können. Arbeitgebende könnten hierzu auch auf das Angebot von externen Schulungen zurückgreifen, wenn sie sich im Umgang mit neurodiversen Mitarbeitern im Team noch unsicher fühlen.
  • Erleichtern Sie die Diagnose - statten Sie Ihre Personalabteilung und Ihre Führungskräfte mit Kenntnissen über neurodiverse Charakteristika aus und ermutigen Sie gegebenenfalls Ihre Mitarbeitenden, sich untersuchen zu lassen. Nutzen Sie alle Gesundheits- und Wellbeing-Angebote, die in Ihrem Unternehmen zur Verfügung stehen oder bauen Sie diese aus. Wenn Ihre Mitarbeitenden privat krankenversichert sind, sollten Sie überlegen, ob Sie diese Versicherung auf die anfängliche Bedarfsermittlung für Neurodiversität, weitere fachliche Untersuchungen und frühzeitige Unterstützung nach einer solchen Diagnose ausweiten können. Werben Sie bei Ihren Mitarbeitenden für die Vorteile einer Beurteilung, um ihre Arbeitsweise und eventuelle Anpassungen zu verstehen. Wie bei jedem anderen "versteckten" Merkmal sollten Sie die Entscheidung der Mitarbeitenden respektieren, ob sie ihre Diagnose innerhalb der Belegschaft bekannt machen wollen oder lieber für sich behalten möchten.
  • Unterstützung nach der Diagnose

    Mitarbeitende mit neurodiversen Störungen benötigen möglicherweise Unterstützung und Beratung, um sich mit der Diagnose auseinanderzusetzen - vor allem - wenn die Diagnose erst später im Berufsleben erfolgt . Der Aufbau einer starken Kultur der psychologischen Sicherheit wird dazu beitragen, Ihre Mitarbeitenden zu befähigen, sich gegenseitig auszutauschen und ggf. die Personalabteilung einzubinden, um über die Diagnose und eventuell erforderliche Anpassungen am Arbeitsplatz zu sprechen.

    Gute Vorbilder sind hier wichtig. Ermutigen Sie neurodiverse Mitarbeitende in Ihrer Belegschaft – vor allem wenn es sich um erfahrene Kolleginnen und Kollegen handelt – sich zu ihrem Weg und ihren Erfahrungen im Umgang mit ihrem „Anderssein“ mit anderen Betroffenen auszutauschen. Mentoren- oder "Buddy"-Systeme zwischen jüngeren und älteren neurodiversen Mitarbeitenden können eine gute und effektive Möglichkeit sein, den Austausch zu erleichtern. Mentoring kann auch nützlich sein, um die neurotypische Belegschaft, insb. Führungskräfte, über die Perspektiven und die Personalentwicklung neurodiverser Mitarbeitender aufzuklären.
  • Gemeinschaft und Netzwerke unabhängig davon, ob Mitarbeitende gerade oder vor längerer Zeit eine Diagnose erhalten haben, ist es wichtig, ihnen eine Gemeinschaft des offenen Austauschs zu bieten, gerade und vor allem mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Netzwerke oder Gesprächskreise von Mitarbeitenden können für Minderheitengruppen daher von großem Nutzen sein. Die Führungskräfte sollten sicherstellen, dass sie solche Netzwerke unterstützen.
  • Diversifizierung der Einstellungsmethoden -  groß angelegte und einheitliche Bewerbungsverfahren benachteiligen vermutlich Bewerberinnen und Bewerber, die nicht in das „traditionelle“ Profil von Arbeitnehmenden passen. Vorstellungsgespräche und schriftliche Beurteilungen unter Zeitdruck sind möglicherweise keine geeigneten Methoden, um die Fähigkeiten neurodiverser Bewerberinnen und Bewerber vollständig zu beurteilen. Die Verfahren sollten gegebenenfalls bedarfsgerecht angepasst werden, ohne dabei die Kernkompetenzen für die ausgeschriebene Stelle aus dem Blick zu verlieren. Beispiele hierfür sind die Anpassung von Bewertungstechnologien und -umgebungen an die Bedürfnisse neurodiverser Bewerbungen, die Möglichkeit, Interviewfragen im Voraus zu lesen und an längeren projektbasierten Bewertungsphasen teilzunehmen. Auch nicht-traditionelle Arbeits- oder Praktikumsprogramme können den Zugang zu Jobangeboten erweitern.
  • Beurteilung und Bewertung der Leistung - Arbeitgebende sollten sich darüber im Klaren sein, dass es keine einheitliche Definition für "gute“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Vermeiden Sie den Fallstrick, eine unverhältnismäßige Betonung auf bestimmte Eigenschaften zu legen, über die neurotypische Mitarbeitende eher verfügen (wie emotionale Intelligenz, Kommunikation und Netzwerkfähigkeiten), da dies die Entwicklung Ihrer neurodiversen Mitarbeitenden auf unfaire Weise einschränken könnte. Mitarbeitende mit Personalverantwortung sollten darin geschult werden, was sie von neurodiversen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarten können und wie sie diese in Bezug auf den vollen Umfang ihrer Fähigkeiten angemessen und fair beurteilen können. Achten Sie auch auf die Risiken, neurodiverse Mitarbeitende auf Bereiche oder Funktionen im Unternehmen zu beschränken, die als besser für sie geeignet angesehen werden, da neurodiverse Mitarbeitende mit den richtigen Anpassungen in der Lage sein können, in einem viel breiteren Spektrum eingesetzt zu werden und einen Mehrwert generieren. 
  • Anpassungen des Arbeitsplatzes

    Besondere Vorkehrungen am Arbeitsplatz können die Leistung in Bereichen ermöglichen, die für neurodiverse Mitarbeitende ansonsten eine Herausforderung darstellen würden. Anpassungen sollten je nach Bedarf und in Absprache mit den einzelnen Mitarbeitenden, der Arbeitsmedizin und der Personalabteilung vorgenommen werden. Art und Umfang der erforderlichen Anpassungen sind von Person zu Person unterschiedlich zu beurteilen. Zu den Lösungen können alternative Arbeitsplätze, eine andere Beleuchtung, Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung oder eine spezielle Software zur Überprüfung von Dokumenten gehören. Neurodiverse Menschen und ihre neurotypischen Kolleginnen und Kollegen können beide von einer Schulung oder einem einfachen Gespräch über effektive Kommunikationsstrategien profitieren, wenn sie Anweisungen oder Feedback geben oder erhalten oder allgemein am Arbeitsplatz interagieren.

    Einige Mitarbeitende sind vielleicht nicht selbst neurodivers, haben aber vielleicht ein neurodiverses Familienmitglied. Seien Sie dahingehend sensibel, dass diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglicherweise auch Anpassungen benötigen, wie z.B. verlässlichere Arbeitszeiten oder Zugang zu professionellem Coaching, wie sie ihre Angehörigen am besten unterstützen können. 

Arbeitgebende werden davon profitieren, wenn sie ein besseres Verständnis für neurodiverse Menschen entwickeln und die Vorteile, die neurodiverse Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Belegschaft mit sich bringen, fördern. Das Hauptaugenmerk sollte dabei auf der angemessenen Unterstützung von neurodiversen Menschen in allen Phasen des Arbeitslebens liegen. Hier gibt es keine Einheitslösung. Arbeitgebende müssen möglicherweise kreativ denken, um die richtige und funktionierende Strategie für ihre Belegschaft zu finden. Eine Kultur der psychologischen Sicherheit ist hierbei von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass sich neurodiverse Mitarbeitende ermächtigt fühlen, über ihre individuellen Bedürfnisse zu sprechen und Feedback zu geben, ob die jeweilige Unternehmensstrategie die gewünschte Wirkung erzielt. Dies ermöglicht es den Führungskräften, sinnvolle Gespräche mit neurodiversen Mitarbeitenden über die Unterstützung zu führen, die diese benötigen, um im Unternehmen erfolgreich zu sein.

Für weitere Informationen darüber, wie die Linklaters Diversity Faculty Ihr Unternehmen dabei unterstützen kann, über rechtliche und regulatorische Entwicklungen im Bereich Diversity, Equity & Inclusion auf dem Laufenden zu bleiben, wenden Sie sich bitte an Matthew Devey, Yukiko Hitzelberger-Kijima und/oder Ihren üblichen Linklaters-Kontakt

 

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